Die Waisen der Medizin
Würzburg im Oktober 2020
Die meisten müssen sich die Hacken ablaufen, bis sie jemanden finden, der ihnen sagt, was mit ihnen los ist: Menschen mit einer seltenen Erkrankung erhalten oft erst nach langer Zeit eine Diagnose. „Viele Leute, die bei mir anrufen, weinen, weil sie jahrzehntelang nicht ernst genommen wurden“, sagt dazu Gerald Brandt. Der 50-Jährige, der Hypophosphatasie (HPP) hat, engagiert sich in Würzburg dafür, dass seltene Erkrankungen besser diagnostiziert und therapiert werden.
Die Geduld der Betroffenen wird oft auf eine harte Probe gestellt. Viele klappern laut Brandt einen Facharzt nach dem anderen ab. Ohne Resultat: „Zum Schluss werden sie zum Psychologen geschickt.“ Das kann nicht zuletzt Menschen mit Hypophosphatasie passieren. Ursache dieser seltenen Erkrankung ist ein Mangel des Enzyms alkalische Phosphatase. Dass es dadurch zu einer Störung im Knochenstoffwechsel kommt, ist seit 1948 bekannt. „Doch die Krankheit betrifft nicht nur die Knochen“, so Brandt. Die Patienten sind auch rasch erschöpft und ständig müde.